Datenbankbasierte Digitalisierung von Schwingfestigkeitskennwerten.

MATERIALDATENBANK, SCHWINGFESTIGKEIT,  BAUTEILAUSLEGUNG

Das Fraunhofer LBF verfügt über einen großen Datenpool von Materialkennwerten.

Im Zuge der Digitalisierung und unter dem Schlagwort Industrie 4.0 spielen Materialdatenbanken eine immer größere und bedeutendere Rolle. Das Fraunhofer LBF arbeitet seit 25 Jahren sehr erfolgreich auf dem Gebiet der Schwingfestigkeitsermittlung von Kunststoffen und kann daher auf eine profunde Expertise zurückgreifen. Die entsprechenden Versuchsdaten sind in einer Datenbank mit dem Umfang von etwa 6.000 geprüften Proben mit thermoplastischer Matrix zusammengefasst. Mit Hilfe der Informationen, die aus der Datenbank gewonnen werden, können für ausgewählte Materialtypen Wirkzusammenhänge unterschiedlichster Einflussfaktoren auf die Schwingfestigkeit abgeleitet werden.

Ermittlung mechanischer Eigenschaften während der Schwingfestigkeitsversuche

Aufgrund der immer kürzer werdenden Produktentwicklungszyklen sind Materialdatenbanken, aus denen grundlegende Zusammenhänge wie beispielsweise die Einflüsse von Geometrie, Umwelt, Alterung, Belastungsart, lokaler Faserorientierung, Füllgehalt oder Materialtyp hinsichtlich der Schwingfestigkeit abgeleitet werden können, von immenser Bedeutung. Während der Schwingfestigkeitsversuche werden am Fraunhofer LBF in der Regel immer die Spitzenwert- und Hysteresedaten der Kraft und Verformung und soweit möglich auch die Rissentstehung und Rissausbreitung aufgezeichnet. Dies ermöglicht es, neben der ermittelten Versagensschwingspielzahl auch Kenngrößen wie Kriechneigung, Steifigkeitsdegradation, Dämpfungszunahme, hysteretische Erwärmung, sowie Anriss- und Rissausbreitungsverhalten zu erfassen.

Aus der Datenbank können die Wöhlerlinien beschreibenden Größen wie Neigung, Streumaß und Aufpunkt für ausgewählte Randbedingungen mit ausreichender statistischer Absicherung bestimmt werden. In Abb. 1 ist die Auswertung von 55 geprüften Proben gleichen Polyamidtyps, Glasfasergehalts, Faserorientierung, Formzahl, gleichen Belastungsverhältnisses und gleicher Prüftemperatur dargestellt. Insgesamt sind die geprüften Proben in 4 unterschiedliche Materialbezeichnungen mit unterschiedlicher Additivierung zu unterscheiden. Dabei ist zu bemerken, dass für das vermeintlich gleiche Material unterschiedliche Aufpunkte, Neigungswerte und Streubreiten bestehen.

Beispielsweise können mit Hilfe der Datenbank Abschätzungen über den Einfluss von Temperatur, Konditionierungszustand, Formzahl oder Umgebungsmedium angestellt werden. Diese Abschätzungsfaktoren sind bei der Bauteilauslegung ein wichtiger Indikator dafür, ob das jeweilige Material für den Anwendungsfall eingesetzt werden kann. Wie Abb. 1 zeigt, ist es unzulässig auf einen detaillierten Nachweisversuch, der den realen Anwendungsfall bestätigt, zu verzichten. Selbst kleinste Änderungen an der Additivierung der Kunststoffe oder an den Herstellparametern haben einen direkten Einfluss auf die mechanischen Eigenschaften unter zyklischer Belastung.

Wöhlerlinien eines Polyamidtyps mit unterschiedlicher Additivierung

Kundennutzen

Das Fraunhofer LBF hat mit über 6.000 geprüften thermoplastischen Proben einen einzigartigen Erfahrungsschatz und entsprechende Expertise zur Schwingfestigkeitscharakterisierung von Kunststoffen. Dabei bieten wir die Möglichkeit, aus der aufgezeichneten Kraft- und Verformungsantwort unter zyklischer Belastung den Steifigkeitsabfall, die Kriecheigenschaften und die Dämpfungszunahme zu ermitteln. Mit Hilfe von bildgebenden Verfahren können das Anrissverhalten und die Rissausbreitung während der zyklischen Prüfung bestimmt werden. Weiter kann mit Hilfe von thermografischen Untersuchungen die hysteretische Erwärmung der Probe über der Lebensdauer untersucht werden. Mit dieser Erfahrung können wir Kunden aus unterschiedlichsten Branchen unterstützen und zuverlässige Materialkennwerte für Bauteilauslegung und Bemessungskonzept liefern!

Mit Hilfe der Datenbank können für verschiedenste Materialtypen mit ausreichend statistischer Absicherung Einheitswöhlerlinien für unterschiedlichste Prüf- und Anforderungszenarien abgeleitet werden. Durch die umfangreiche Versuchsausstattung und Datenauswertungsmethoden hat das Fraunhofer LBF die Möglichkeit, über die Bruchschwingspielzahl hinaus Kennwerte hinsichtlich des Steifigkeitsabfalles, die Kriecheigenschaften und die Dämpfungszunahme, sowie das Anrissverhalten und die Rissausbreitung zu ermitteln. Mit Hilfe dieser Materialkennwerte kann ein besserer Zusammenhang zwischen Materialverhalten, Schädigungsmechanismen und der Materialermüdung abgeleitet werden, um das verwendete Material besser beschreiben zu können.

»Aufgrund der niedrigen Prüffrequenzen im Vergleich zu metallischen Werkstoffen muss die Anzahl der Versuche für die Ermüdungscharakterisierung von faserverstärkten Thermoplasten stark reduziert werden. Dank der systematischen Speicherung der Rohdaten, der entsprechenden Metadaten und dessen intelligenter Kombination mit einer Bosch-internen Datenbank von Simulationsergebnissen kann der Aufwand für die Charakterisierung von weiteren Werkstoffen deutlich reduziert werden.« Dr. Matthias De Monte, PMP, Robert Bosch GmbH, Corporate Research – Plastics Engineering (CR/APP), Team leader »Production and Design for Reliability«

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