Konzeptentwicklung für ein Flugzeugrad aus Faser-Kunststoff-Verbund.
VERBUNDWERKSTOFFE, FLUGZEUGRAD, KOHLENSTOFFFASER-KUNSTSTOFF-VERBUND
Während des Start-, Lande-, und Rollvorgangs treten hohe statische, dynamische und thermische Beanspruchungen auf, die von den Flugzeugrädern zuverlässig ertragen werden müssen. Bei herkömmlichen Flugzeugrädern handelt es sich meist um Aluminiumschmiedekomponenten, die ein Gewicht von bis zu 100 kg aufweisen können. Mit der Entwicklung eines Flugzeugbugrads aus Kohlenstofffaser-Kunststoff-Verbund (CFK) im Rahmen eines EU-Forschungsprojekts will das Fraunhofer LBF ein Leichtbaupotential von bis zu 40 Prozent aufzeigen.
Leichtbaupotential erschließen
Aufgrund ihrer hohen spezifischen Steifigkeiten und Festigkeiten kommen Faser-Kunststoff-Verbunde in der Luftfahrt zunehmend zum Einsatz. Beim großen Airbus A380 liegt der Anteil an Verbundwerkstoffen bei 22 Prozent. Beim modernen A350 XWB sind es bereits über 50 Prozent. Hier bestehen große Teile des Rumpfs und der Tragwerke aus dem ultraleichten CFK. Bei den Flugzeugrädern gibt es seit den 1980er Jahren hinsichtlich der Materialverwendung und prinzipiellen Bauweise keine bedeutende Weiterentwicklung. Durch die Entwicklung eines ersten CFK-Bugrads für einen A320 will das Fraunhofer LBF dieses Innovationsfeld erschließen. Für den Bereich Automotive konnte in Projekten des Instituts durch die Substition von Metall- durch CFK-Räder bereits ein vielversprechendes Leichtbaupotential aufgezeigt werden. Wenn es um die zuverlässige Auslegung von sicherheitskritischen Leichtbauteilen geht, verfügt das Fraunhofer LBF über langjährige Erfahrung und ist anerkannter Forschungspartner.
Am Anfang des Entwicklungsprozesses steht die Definitionsphase und damit das Zusammentragen aller wichtigen Anforderungen. Dazu gehören u.a. die Schnittstellen zum Reifen und zur Lagerung, die Bauraumspezifikationen und auftretende Beanspruchungen. Anders als bei Fahrzeugrädern werden Flugzeugräder über eine Kegelrollenlageranordnung auf der Fahrwerksachse positioniert (Vgl. Abb. 2). Zudem werden Flugzeugräder mehrteilig ausgeführt, um die Montage des vergleichsweise steifen Reifens zu ermöglichen. Obwohl Bugräder im Gegensatz zu Hauptfahrwerksrädern nicht abgebremst werden, stellt sich der gebremste Rollvorgang als kritischer Lastfall für das Bugrad heraus. Aufgrund des hohen Bremsmoments am Hauptfahrwerk entstehen am Bugfahrwerk Abstützkräfte von bis zu 16 Tonnen pro Bugrad.
Die Konzeptentwicklung bildet den zweiten Schritt im Entwicklungsprozess. Für die Konzeptfindung einer optimalen Leichtbaustruktur wurden dafür prinzipielle geometrische Konzepte untersucht und bezüglich ihrer Steifigkeit gegenüber den Belastungen Radiallast, seitliche Last, Reifendruck und überlagerten Lastfällen bewertet (Vgl. Abb. 3 und 4). Eine Topologieoptimierung des Systems bestätigt das Ergebnis.
Bei der Entwicklung von Bauteilen aus Faserverbund ist eine Auseinandersetzung mit den möglichen Herstellverfahren und Materialien schon früh im Entwicklungsprozess wichtig, da diese entscheidende Fertigungsgrenzen mit sich bringen. Für die Herstellung des Flugzeugrads wird das »Resign Tranfer Molding« (RTM) angestrebt. Dieses Verfahren bietet viele Vorteile hinsichtlich einer möglichen automatisierten Fertigung, der Erzeugung komplexer Bauteilgeometrien und der Realisierung hoher Laminatqualitäten.
Im Projekt sollen insgesamt 10 Prototypen des Flugzeugrads hergestellt werden. Zur Verifizierung der Bauteilauslegung ist vorgesehen, die Prototypen unter den für ein Flugzeugrad vorgesehenen Zertifizierungsversuchen zu testen.
Zusammenfassung
Bei Flugzeugrädern gibt es seit den 1980er Jahren hinsichtlich der prinzipiellen Bauweise und Materialverwendung keine bedeutende Weiterentwicklung. Durch die Entwicklung eines ersten Flugzeugbugrads aus Kohlenstofffaser-Kunststoff-Verbund (CFK) für einen A320 will das Fraunhofer LBF neues Leichtbaupotential am Flugzeug aufzeigen. Um eine optimale Leichtbaustruktur zu identifizieren, werden in der Konzeptphase prinzipielle geometrische Konzepte entwickelt und hinsichtlich ihrer Steifigkeit gegenüber verschiedenen Lastfällen bewertet. Durch eine Topologieoptimierung bestätigt sich die identifizierte Leichtbaustruktur. Ziel des Projekts ist es, 10 Prototypen des Rads in einem RTM-Verfahren herzustellen und unter den vorgesehenen Zertifizierungsversuchen zu testen.
Kundennutzen
Leichtbauverfahren haben in der Luftfahrt hohe Priorität. Die Entwicklung eines Leichtbau-Flugzeugrads aus Kohlenstofffaser-Kunststoff-Verbund (CFK) trägt zur Reduzierung der Flugzeuggesamtmasse bei. Dadurch kommt es zu einem geringeren Treibstoffverbrauch und Flugzeuge können ökonomischer betrieben werden, bzw. die Reichweite oder Nutzlast kann erhöht werden.
Das Projekt »Development of a composite wheel« ist von der EU im Rahmenprogramm Clean Sky II (H2020/2014-2020) gefördert (Grant Agreement for Members No. AIR-GAM-2016-2017-05).
Ihr Ansprechpartner zu diesem Projekt
- Jens-David Wacker, M.Eng.
- Tel.: +49 6151 705-8356
- jens-david.wacker@lbf.fraunhofer.de