Bestimmung der Schallabsorption im Impedanzrohr.
Akustik, Bauteileigenschaft, Zuverlässigkeit

Für die Gestaltung akustischer Bauteileigenschaften sind gute Kenntnisse der Einflussparameter auf die Materialmodellierung notwendig. Das Fraunhofer LBF forscht an neuen Methoden, um die individuellen Einflussparameter zukünftig zuverlässig zu ermitteln.
Ein Impedanzrohr (Abb.1) bietet z. B. die Möglichkeit, den Schallabsorptionsgrad von Schaumstoffen schnell und kostengünstig zu bestimmen.
Der Schallabsorptionsgrad kann in einem Impedanzrohr nur bei senkrechtem Schalleinfall bestimmt werden, welcher in der Praxis kaum auftritt. Der Kostenvorteil bei der akustischen Materialcharakterisierung durch die kleinen Materialproben im Vergleich zu Messungen im Hallraum ist jedoch immens.
Das Verfahren mit Übertragungsfunktion nach DIN EN ISO 10534-2 bietet die Möglichkeit den frequenzabhängigen Absorptionsgrad schnell mit nur einer Messung zu bestimmen. Bei der Montage des schallabsorbierenden Materials im Impedanzrohr bieten sich verschiedene Einbaumöglichkeiten an, die aus theoretischer Überlegung heraus alle zu den gleichen Messergebnissen führen sollten. Allerdings beeinflussen der Durchmesser der Probe, die Art des Einbaus der Probe, die Art des Zuschnitts der Probe und damit auch die Erfahrung der Person, die die Probe zuschneidet, das Ergebnis des ermittelten Absorptionsgrades.
Der für diese Untersuchungen verwendete Schaumstoff wird als Plattenmaterial angeliefert. Anweisungen, wie Prüflinge zu fertigen/zuzuschneiden sind, fehlen in der Norm. Die fertigen Rundproben werden nun in den Probenhalter des Impedanzrohres eingesetzt und können vermessen werden. Es wurden jeweils drei Prüflinge gefertigt, davon je einer mit leichtem Über- bzw. Untermaß. Damit ist eine statische Auswertung der Versuche möglich.
Die Untersuchung dieser Parameter erfolgte nach einem vollfaktoriellen Versuchsplan. Der Absorptionsgrad liegt in Abhängigkeit von der Frequenz vor. Zum Einbau der Materialproben in das Impedanzrohr heißt es in der DIN 10534-2: »Die Probe wird in das Rohr eingesetzt.« und »Der Prüfling muss gut in den Halter passen. Er darf jedoch nicht übermäßig zusammengedrückt werden oder sich wölben.« Außerdem heißt es: »Es sollten mindestens zwei Prüflinge, bei nicht einheitlichen Probekörpern auch mehrere, für Wiederholungsmessungen unter gleichen Montagebedingungen geprüft werden.«
Bestehende Ringversuche zur Vergleichbarkeit von Messungen in Impedanzrohren vermischen alle oben bereits genannten Effekte. Bei der hier vorliegenden Untersuchung wurde bewusst ein anderer Weg gewählt: Alle Messungen wurden an einem Messsystem von einer Person durchgeführt.
Es wurden beispielsweise verschiedene Zuschnittsverfahren mit einander verglichen. Schon am Schnittbild zeigen sich deutliche Unterschiede (Abb.2).
Die Fläche liegt zwar theoretisch bündig an der Rohwandung an und dennoch zeigen Messergebnisse einen Einfluss des Zuschnitts auf den berechneten Absorptionsgrad.
Hersteller für Impedanzrohre bieten teilweise ein rotierendes Messer an, ähnlich einem Steckdosenfräser, zum Einspannen in eine Standbohrmaschine, mithilfe dessen die Materialprobe aus dem Plattenmaterial zugeschnitten werden kann. Bei weichen Schaumstoffen kann das dazu führen, dass das Material zwar im oberen Bereich der Probe maßhaltig ist, im unteren Bereich allerdings ballig wird, also einen größeren Durchmesser aufweist. Dies liegt an der Kompression der Probe während des Zuschnitts. Messer mit einer geringen Wandstärke verdrängen weniger Material, sodass hier eine höhere Maßhaltigkeit gewährleistet werden kann.
Obwohl in der DIN 10534-2 keinerlei Angaben zu Zuschnittsart und Genauigkeit des Prüflings gemacht werden, zeigen sich deutliche Unterschiede im ermittelten Absorptionsgrad durch den Zuschnitt. Abbildung 3 zeigt, wie die vier verschiedenen Zuschnittsarten Wasserstrahl, Hitzdraht, Säge und rotierendes Messer zu verschiedenen gemessenen Absorptionsgraden führen können. Der Plot ist hier für die Materialdicke 50 mm und einen Durchmesser von 90 mm erstellt. Deutlich erkennbar ist, dass über den gesamten Frequenzbereich Abweichungen der ermittelten Absorptionsgradkurven zueinander existieren. Besonders auffällig sind sie im Bereich zwischen 400 Hz und 500 Hz sowie zwischen 1000 Hz und 1500 Hz. Die Grenzfrequenzen des Rohres sind mit roten senkrechten Linien im Diagramm gekennzeichnet. Sie liegen bei 354 Hz und bei 2191 Hz.
Der hier ausschnittsweise gezeigten Reihenuntersuchung liegen zahlreiche Voruntersuchungen zugrunde. Neben prinzipiellen Untersuchungen zum Einfluss der Temperatur im Raum, dem Einfluss der Signalform und -amplitude, der Position der Mikrofone, den Grenzfrequenzen des Rohres etc., wurde untersucht, wie wiederholgenau eine Messung ist. Lässt man die Probe im Rohr eingebaut, kann der Absorptionsgrad bei erneuter Messung gut reproduziert werden.
Die Auswertung erfolgt auf verschiede Arten: zum einen wird die Streuung zwischen den verschiedenen Messungen oder Prüflingen ermittelt und grafisch als Streuband dargestellt. Zum anderen werden verschiedene Einzahlwerte berechnet, die als Zielgrößen bei der Berechnung von Sensitivitätsanalysen (Varianzanalysen) verwendet werden. Aus der Literatur ist der αw-Wert bekannt, weiterhin werden die klassischen Kennzahlen einer Kurvenanalyse genutzt: Mittelwert, Varianz, Schiefe und Wölbung. Die Varianzanalyse zeigt, ob Parameter einen Einfluss haben, oder nicht. Damit geht aber Information über den Verlauf des Absorptionsgrades verloren, weshalb der optische Vergleich verschiedener Messergebnisse noch nicht ersetzt werden kann.
Normen anwendungsgerecht gestalten
Die Methode der Sensitivitätsanalyse wird hier erstmals genutzt, um die Unsicherheiten bei der Messung des Absorptionsgrades im Impedanzrohr zu bestimmen und zu quantifizieren. Durch Forschung in diesem Bereich könnten einzelne Aspekte der DIN ISO 10354-2 präziser formuliert werden und dadurch zu einer wesentlich höheren Vergleichbarkeit verschiedener Messungen führen.

Ihr Ansprechpartner zu diesem Projekt
- Antje Grebel
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